Was ist, wenn sie den geeigneten Kandidaten für die vorhergesehene Stelle gefunden haben, dieser jedoch noch in einem anderen Unternehmen beschäftigt ist? Natürlich kann man versuchen diese Person abzuwerben. Doch das klingt einfacher als es ist. Es geht um die rechtlichen Fallstricke bei der Abwerbung von Personal und worauf sie achten müssen.
Die Abwerbung hat das eindeutige Ziel, dass Arbeitnehmer:innen einen Arbeitgeberwechsel vollziehen. Der Mitrabeitende dürfen unter Einhaltung der Kündigungsvorschriften jederzeit den Arbeitgeber wechseln. Genauso darf auch der Arbeitgeber anderweitig beschäftigte Mitarbeitende anwerben. Jedoch gibt es hierbei ein paar rechtliche Rahmenbedingungen, die man beachten sollte.
Unter Umständen (un)erlaubt
Denn das Abwerben von Mitarbeitern beim Wettbewerb ist dann nicht zulässig, wenn darin eine vorsätzliche Schadenszufügung für fremde Unternehmen begründet liegt. Der Arbeitgeber darf beim Abwerben also nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Nicht erlaubt ist u.a., dass er den Arbeitnehmer zum Vertragsbruch auffordert bzw. er solle diesen nicht zu einer Handlung ermutigen, die den Arbeitgeber zur sofortigen Kündigung veranlassen soll (als Beispiel: Übernahme einer Vertragsbruchstrafe). Genauso ist es nicht rechtens, den Arbeitnehmer durch irreführende Mitteilungen oder negative Äußerungen über den bisherigen Arbeitgeber zur Vertragslösung bringen. Außerdem ist es nicht erlaubt, dass der Arbeitnehmer planmäßig abgeworben wird, um die Leistungsfähigkeit des Wettbewerbers zu schwächen oder um Betriebsgeheimnisse zu erlangen.
Und was viele nicht wissen: Bei unzulässiger Abwerbung droht Schadensersatz! Wenn die Abwerbung eines Arbeitnehmers wettbewerbswidrig erfolgt, kann dies für den neuen Arbeitgeber unangenehme Folgen haben. Zum einen droht besagter Schadensersatz: Das Unternehmen kann, wenn ihm durch die wettbewerbswidrige Abwerbung ein Schaden entstanden ist, diesen einfordern. Es muss dafür den entstandenen Schaden natürlich nachweisen. Möglich ist auch ein Vorgehen mittels einer Unterlassungsklage. Der geschädigte Arbeitgeber kann möglicherweise auch ein Beschäftigungsverbot des unzulässig abgeworbenen Mitarbeiters vom neuen Arbeitgeber verlangen – zumindest für die Dauer der rechtmäßigen Kündigungsfrist.
Was ist hingegen zulässig?
Zulässig ist es selbstverständlich, wenn Arbeitgeber dem Mitarbeiter in spe bessere Arbeitsbedingungen oder ein höheres Arbeitsentgelt bieten als der bisherige Arbeitgeber und ihn so zu einer ordnungsgemäßen Vertragslösung bringen. Selbst wenn der abgeworbene Mitarbeiter bereits vor Ablauf seiner eigentlichen Kündigungsfrist beim neuen Arbeitgeber aktiv tätig wird, ist dies nicht zwingend als wettbewerbswidriges Verhalten des Arbeitgebers zu werten. Er darf diese Leistung annehmen, solange er den neuen Mitarbeiter nicht aktiv zum Vertragsbruch angestiftet hat. Der ehemalige Mitarbeiter, der den Vertragsbruch begangen hat, kann aber von seinem bisherigen Arbeitgeber dafür belangt werden.
Wie kann ich meine Mitarbeiter binden?
Eine gute Mitarbeiterbindung kommt nicht von irgendwo her. Viele Arbeitnehmer schätzen ihr Unternehmen, wenn sie sowohl persönlich, als auch finanziell wertgeschätzt werden. Genauso ist ein mitarbeiterfreundliches Arbeitsumfeld von Vorteil. Denn an dem Ort, wo Kollegen zu Freunden werden, fällt es einem schwerer diese zu verlassen. Dennoch gibt es Angebote, bei denen es nicht leicht fällt „nein“ zu sagen.
Aus diesem Grund sind Anreize, die über ein großes Gehalt hinausgehen, immer entscheidender. Die Nähe zum Wohnort der Mitarbeiter, flexible Arbeitszeiten (Achtung – gemeint ist flexibel für die Arbeitnehmer und nicht für die Schichteinteilung), um besser auf private Herausforderungen oder einfach die Kinderbetreuung reagieren zu können. Ein strategisches Weiterbildungskonzept, bei dem die Mitarbeiter Ideen und Wünsche einfließen lassen können. Eine gesunde und gute Essensversorgung, wenn das Unternehmen ungünstig gelegen ist. Das sind nur einige Optionen. Weitere Faktoren sind zum Beispiel die Bedeutung der eigenen Arbeit für Arbeitnehmer. Wissen die Menschen, welchen Teil sie für das Unternehmen leisten und bekommen sie dies auch wertgeschätzt? Nicht alle Anreize sind teuer oder aufwendig umzusetzen.
Klein aber oho
Kleinere Unternehmen können ebenfalls punkten, denn sie können oft wesentlich authentischer die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärker in den Vordergrund rücken. Ebenso besteht bei vielen kleineren Unternehmen die Möglichkeit, die Work-Life-Balance oder das Remote-Work deutlich effektiver umzusetzen. Dieser Vorteile sind sich die Unternehmen oft gar nicht bewusst und riskieren leichtfertig, gute Mitarbeiter abgeworben zu bekommen.
Das Abwerben von Mitarbeitern kann neben juristischen Streitigkeiten auch noch andere Folgen nach sich ziehen. Erfahren Unternehmen davon, kann es negative Auswirkungen auf das Unternehmens-Image haben. Partner, Zulieferer oder Kunden werden zurückhaltender, wenn sich Recruiting-Interessen überschneiden. Je nach Branche kann das immense Folgen haben. Eine aggressive Strategie im Recruiting zeugt nicht immer von Stil. Hier empfehlen sich externe Berater oder Dienstleister, die behutsam, diskret und strategisch Wunschkandidaten ansprechen.